Für den Inhalt dieser Seite ist eine neuere Version von Adobe Flash Player erforderlich.

Adobe Flash Player herunterladen

Steuerberater Gißewski
Home
Unsere Mitarbeiter
Leistungsspektrum
Besondere Leistungen
News
Impressum
Datenschutzerklärung
Galerie
Anfahrt
Links

Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats Januar 2013


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Fragebogen zu Photovoltaikanlagen

2.

Bei Grunderwerbsteuer gilt der einheitliche Erwerbsgegenstand

3.

Erlass von Grundsteuer bei mehreren vermietbaren Einheiten

4.

Rechtsanwalt darf bei Erbschaft nicht Tante und Neffe beraten

5.

Neue Steuerberatervergütungsverordnung tritt in Kraft

6.

Kindergeld: 3-jährige Wartefrist beginnt bei Aufenthaltsunterbrechung neu

7.

Steuerbegünstigte Handwerksleistungen außerhalb des Grundstücks?

8.

Kann ein Einspruch elektronisch zurückgenommen werden?

9.

Bundesrat stimmt der Minijob-Reform zu

10.

Vorläufige Festsetzung der Erbschaftsteuer

11.

Höheres Entgelt für Pfändungsschutzkonten?

12.

Bei Klagerücknahme droht kein Ordnungsgeld

13.

Keine Haftung von Eltern für illegale Musikdownloads ihrer Kinder

14.

Brennpunkt - Elternunterhalt

15.

Arbeitgeber darf am 1. Krankheitstag ohne Grund ein Attest fordern



1. Fragebogen zu Photovoltaikanlagen

Kernaussage
Die umsatzsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen ist nicht einfach. Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung waren und sind nicht selten und enden häufig vor den Finanzgerichten. Zuletzt hatte der Bundesfinanzhof (BFH) u. a. grundlegend Stellung zum Vorsteuerabzug aus der Renovierung von Dächern anlässlich der Aufbringung einer Photovoltaikanlage bezogen. Wer nichts falsch machen möchte, sollte sich daher vor der Investition gründlich informieren und gegebenenfalls steuerlichen Rat einholen.

Neues Formular
Das bayerische Landesamt für Steuern hat nun ein Formular entwickelt und im Internet bereitgestellt, das die wichtigsten Parameter abfragt, die umsatzsteuerlich von Bedeutung sind.

Konsequenzen
Das Formular ist nicht nur aus Sicht des Finanzamtes von Interesse. Vielmehr kann es Unternehmern, die eine Photovoltaikanlage errichten wollen, als Orientierung dienen, was alles im Hinblick auf die Umsatzsteuer wichtig ist und entsprechend von der Finanzverwaltung voraussichtlich abgefragt werden wird. Weiterhin ermöglicht es das Formular auch aktiv, die Besteuerung in die richtigen Bahnen zu lenken. So wird u. a. abgefragt, ob die Photovoltaikanlage dem Unternehmensvermögen zugeordnet wird. Dies ist von Bedeutung, wenn der produzierte Strom auch für private Zwecke genutzt wird. Unterbleibt eine rechtzeitige Zuordnung, z. B. durch Verwendung des Formulars, so ist ein Vorsteuerabzug nicht mehr möglich.

2. Bei Grunderwerbsteuer gilt der einheitliche Erwerbsgegenstand

Kernaussage
Wird auf einem gerade gekauften Grundstück die Errichtung eines Hauses durch einen Bauträger vereinbart, richtet sich die Höhe der Grunderwerbsteuer nicht nur nach dem Kaufpreis des unbebauten Grundstücks, sondern berücksichtigt ggf. auch die Kosten für den Hausbau.

Sachverhalt
Das klägerische Ehepaar erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag im November 2005 ein unbebautes Grundstück. Bei dem Zustandekommen des Vertrags wirkte ein Unternehmer mit, der das Bauvorhaben betreute und auf diese Weise für die Erwerber letztlich den Erwerb eines schlüsselfertigen Hauses ermöglichte. Bereits im weiteren Verlauf des Monats November schlossen die Eheleute auf Vermittlung des Baubetreuers mit einem Bauträger einen Vertrag über die Errichtung einer Doppelhaushälfte. Das Finanzamt erhöhte daraufhin die bereits unter Berücksichtigung des Grundstückskaufpreises festgesetzte Grunderwerbsteuer. Hierbei wurden die vereinbarten Kosten zur Errichtung der Doppelhaushälfte in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer mit einbezogen. Während der hiergegen gerichtete Einspruch der Eheleute erfolglos blieb, gab das Finanzgericht der dann erhobenen Klage statt.

Entscheidung
Die vom Finanzamt eingelegte Revision hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt an seiner langjährigen Rechtsprechung zu dieser Fragestellung fest. Anders als das Finanzgericht ging der BFH hierbei davon aus, dass die Eheleute kein unbebautes Grundstück, sondern vielmehr ein mit einer Doppelhaushälfte bebautes Grundstück erworben haben. Zwar sei der Ausgangspunkt für die Frage, was erworben werde, stets der zivilrechtliche Vertrag, der im Urteilsfall auf die Übertragung eines unbebauten Grundstücks gerichtet sei. Allerdings lasse die Mitwirkung des baubetreuenden Unternehmers sowohl bei Kauf als auch bei Vertragsschluss mit dem Bauträger den Schluss zu, dass Kaufgegenstand eigentlich ein bebautes Grundstück sein sollte. Lediglich zur Vermeidung einer höheren Grunderwerbsteuer seien die Gestaltungen dahin gegangen, den Bau vom Erwerber ausführen zu lassen. Es läge insoweit ein einheitlicher Erwerbsvorgang vor, der einheitlich der Grunderwerbsteuer unterliege.

Konsequenz
Wer ein Haus kaufen möchte, zu diesem Zwecke ein unbebautes Grundstück kauft und mit einem Bauträger den Hausbau vereinbart, muss damit rechnen, Grunderwerbsteuer auch auf die Kosten des Hausbaus zahlen zu müssen. Auch weiterhin muss man insoweit erwägen, ob der Kauf eines unbebauten Grundstücks mit anschließender Bebauung sinnvoller ist, als der Erwerb eines bereits fertigen (Neu-)Baus.

3. Erlass von Grundsteuer bei mehreren vermietbaren Einheiten

Kernaussage
Büßt ein Vermieter wegen Leerstands der Immobilien nicht nur unwesentliche Mieterträge ein, kann er einen teilweisen Erlass der Grundsteuer beantragen. Voraussetzung ist allerdings, dass er sich nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht. Besteht eine wirtschaftliche Einheit aus zahlreichen verschieden ausgestatteten, zu unterschiedlichen Zwecken nutzbaren und getrennt vermietbaren Räumlichkeiten und sind die marktgerechten Mieten für die einzelnen Raumeinheiten unterschiedlich hoch, ist für jede nicht vermietete Raumeinheit gesondert zu prüfen, ob der Steuerpflichtige den Leerstand zu vertreten hat.

Sachverhalt
Die Kläger erwarben ein Grundstück mit mehreren Gebäuden. Darin befanden sich zahlreiche verschieden nutzbare und unterschiedlich große Raumeinheiten. Aufgrund des teilweisen Leerstands beantragten die Kläger 1998 den Erlass eines Teils der Grundsteuer. Den Umfang ermittelten sie, indem sie die durchschnittliche Miete der vermieteten Teile auch auf die unvermieteten Teile bezogen. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Die Kläger hätten zu hohe Mieten verlangt und im Übrigen sei der Mietertrag im Umfang weniger gemindert, da die durchschnittliche Miete über der ortsüblichen Miete liege. Nachdem auch eine Klage erfolglos blieb, hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil auf und verwies die Sache zurück. Das Finanzgericht wies die Klage allerdings erneut ab. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Revision.

Entscheidung
Die Revision ist begründet. Die Grundsteuer ist zum Teil zu erlassen, wenn der Steuerpflichtige die Minderung des Mietertrags nicht zu vertreten hat. Ein gänzliches Vertretenmüssen kann nicht daraus gefolgert werden, dass die in Zeitungsanzeigen geforderte Miete für zusammen zur Miete angebotene Raumeinheiten lediglich für einen Teil der Einheiten deutlich über der marktüblichen Miete lag. Insbesondere handelt es sich vorliegend nur um einen kleinen Teil der Räume, nämlich die Kellerräume. Vielmehr muss unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für jede nicht vermietete Einheit einzeln geprüft werden, ob der Steuerpflichtige den Leerstand zu vertreten hat.

Konsequenz
Hat der Vermieter für einzelne Raumeinheiten die Mietertragsminderung zu vertreten, ist die marktübliche Miete für diese Einheiten hinzuzurechnen und auf dieser Grundlage zu ermitteln, in welchem Umfang der tatsächlich erzielte Mietertrag zuzüglich der hinzugerechneten Miete vom normalen Mietertrag abweicht.

4. Rechtsanwalt darf bei Erbschaft nicht Tante und Neffe beraten

Kernaussage
Wenn ein Anwalt in einer Erbauseinandersetzung 2 potentielle Erben mit gegenläufigen Interessen vertritt, muss er die Mandantschaft unverzüglich informieren und die Mandate beenden.

Sachverhalt
Im Rahmen einer Erbauseinandersetzung vertrat eine Anwältin sowohl die Tante als auch den Neffen. Der Tante standen Ansprüche im Umfang zwischen 5.000 und 20.000 EUR gegen ihren insolventen Neffen, den sie in der Vergangenheit finanziell unterstützt hatte, zu. Die Tante beschwerte sich bei der Rechtsanwaltskammer wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen. Die Kammer erteilte daraufhin der Anwältin einen Rügebescheid mit einer Missbilligung. Der dagegen gerichtete Antrag der Anwältin beim Anwaltsgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung
Das Anwaltsgericht stellte einen Verstoß gegen das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen fest. Danach darf der Rechtsanwalt nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise beruflich befasst war. Wer als Anwalt dies erkennt, hat unverzüglich seinen Mandanten davon zu unterrichten und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden. Die Anwältin hatte einerseits die Tante hinsichtlich ihrer Insolvenzforderung gegen den Neffen außergerichtlich vertreten und Tante und Neffe gemeinsam nach Eintritt des Erbfalls. Während der Neffe ein Interesse daran hatte, dass der Erbteil an ihn erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens zur Auszahlung kommen sollte, wollte die Tante die außerhalb der Erbauseinandersetzung bestehende Forderung gegen ihren Neffen möglichst schnell realisieren. Hierbei handelt es sich um erkennbar gegenläufige Interessen.

Konsequenz
Das Verbot widerstreitender Interessen ist durch Rechtsanwälte unbedingt zu beachten. Andernfalls drohen Regressansprüche, der Verlust von Vergütungsansprüchen und neben anwaltsgerichtlichen Sanktionen unter Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen.

5. Neue Steuerberatervergütungsverordnung tritt in Kraft

Kernaussage
In Kürze wird eine neue Gebührenverordnung für Steuerberater in Kraft treten, die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV). Der Bundesrat stimmte der Gesetzesänderung am 23.11.2012 zu. Noch im Dezember 2012 soll die neue Steuerberatervergütungsverordnung in Kraft treten. Durch die neue Steuerberatervergütungsverordnung wird die bisherige Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV) ersetzt. Die letzte Novelle erfolgte vor 14 Jahren im Jahr 1998.

Anhebung der bestehenden Gebühren
 Mit der jetzigen Neuregelung soll unter anderem eine Anpassung an die gestiegenen Preis- und Kostenverhältnisse erfolgen. So wurden alle Tabellen der Steuerberatervergütungsverordnung linear um 5 % erhöht. Die Zeitgebühr wurde von 19 - 46 Euro auf 30 - 70 Euro je angefangene halbe Stunde sowie die Mittelgebühr auf 50 Euro erhöht. Weiter wurden die Gebühren für die Lohnbuchhaltung und die Mindestgegenstandswerte bei verschiedenen Steuererklärungen sowie der Überschussermittlung der Einnahmen über die Werbungskosten angehoben.

Schaffung neuer Gebührentatbestände
Neben der Änderung der bestehenden Gebührentatbestände wurden neue Tatbestände aufgenommen, für die bislang keine Abrechnungsgrundlage vorhanden war. Dies betrifft beispielsweise die Abrechnung für die Überwachung der Lohnsumme, die Thesaurierungsrücklage und die Zusammenfassende Meldung. Im Rahmen der weiteren Änderungen und Anpassungen ist hervorzuheben, dass bei Selbstanzeigen ein Mindestgegenstandswert von 8.000 EUR eingeführt wurde.

Konsequenz
Insgesamt wird das Vergütungsrecht der steuerberatenden Berufe wieder auf ein solideres Fundament gestellt.

6. Kindergeld: 3-jährige Wartefrist beginnt bei Aufenthaltsunterbrechung neu

Kernproblem
Im Fall der Prüfung einer Anspruchsberechtigung von Kindergeld kann es eine Rolle spielen, ob ein Ausländer freizugsberechtigt ist oder nicht. Freizugsberechtigt sind insbesondere Unionsbürger sowie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU. Anderen Ausländern steht Kindergeld in Deutschland zumeist nur dann zu, wenn sie sich seit mindestens 3 Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten. Ob eine kurze Unterbrechung durch das Bestehen einer Ausreiseaufforderung im Rahmen eines ansonsten weit über den 3-Jahreszeitraum hinausgehenden Aufenthalts zu einer Neuberechnung der Wartefrist führt, war Anlass eines Rechtsstreits vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt
Ein vietnamesischer Staatsangehöriger verfügte für etwa dreieinhalb Jahre über eine Duldung (vorübergehende Aussetzung der Abschiebung) im Inland. Anschließend wurde die Duldung beendet und er wurde zur Ausreise aufgefordert. Nur wenige Wochen später erhielt der Vietnamese dann jedoch eine Aufenthaltsbefugnis und war inzwischen im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Die Kindergeldkasse sah die 3-jährige Wartefrist für den Kindergeldanspruch durch die Ausreiseaufforderung als unterbrochen an und versagte das für den Zeitraum ab Erteilung der Aufenthaltsbefugnis beantragte Kindergeld. Das Finanzgericht dagegen sah eine Unterbrechung von bis zu 3 Monaten im Hinblick auf Sinn und Zweck des Gesetzes als unschädlich an und gewährte das Kindergeld. Die Familienkasse zog daraufhin vor den BFH und bekam Recht.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH genügt es nicht, dass sich der Betreffende irgendwann einmal 3 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten habe. Der Gesetzeswortlaut ließe es ebenso wenig zu, mehrere kürzere Einzelabschnitte eines rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalts zusammenzurechnen, wie einen Aufenthalt anzuerkennen, der einige Zeit vor dem für die Kindergeldberechtigung maßgebenden Titelerwerbs (der Aufenthaltsbefugnis) ende. Der mindestens 3 Jahre andauernde qualifizierte Aufenthalt sei vielmehr in zeitlicher Hinsicht mit dem "Besitz" des Titels insofern verknüpft, als der Titel zumindest im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an die ununterbrochene Aufenthaltszeit erworben werden muss. Werde der Aufenthaltstitel bereits zu Beginn oder im Laufe der Aufenthaltszeit erworben, seien die Anspruchsvoraussetzungen insoweit mit Ablauf der 3-Jahresfrist erfüllt.

Konsequenz
Die 3-jährige Wartefrist begann mit Erteilung der Aufenthaltsbefugnis.

7. Steuerbegünstigte Handwerksleistungen außerhalb des Grundstücks?

Kernproblem
Die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen wird mit einer Steuerermäßigung auf die Einkommensteuer von bis zu 20 % der Aufwendungen für Arbeitskosten, höchstens aber 1.200 EUR begünstigt. Voraussetzung ist, dass die Arbeiten in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Was alles zum Haushalt gehört, ist oft streitbefangen. So wurde finanzgerichtlich bereits entschieden, dass Aufwendungen des Hundesitters für das "Gassi gehen" des in den Haushalt aufgenommenen Hundes als haushaltsnah eingestuft werden, weil sie üblicherweise durch einen Haushaltsangehörigen erledigt würden. Sobald der Hundesitter jedoch den heimischen Garten verlässt, ist es vorbei mit dem Steuervorteil. Ebenso wenig gehöre die eigene Grabstelle zum Haushalt, meinten die Richter. Weniger kurios, dafür aber mit besserem Ende, ging es jetzt vor dem Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg um den Abzug von Erschließungskosten auf öffentlichem Straßenland.

Sachverhalt
Ein Ehepaar erwarb ein Einfamilienhaus, das durch einen Brunnen mit Trinkwasser versorgt wurde. Das Abwasser wurde über eine Grube entsorgt. Einige Jahre später wurde das Grundstück an die zentrale Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung angeschlossen. Für die Herstellung der Hausanschlüsse ergingen Kostenersatzbeträge von 1.620 EUR, deren Abzug das Ehepaar als haushaltsnahe Handwerkerleistungen beantragte. Das Finanzamt verwehrte die Steuerermäßigung, weil die Arbeiten zumindest teilweise auf öffentlichem Straßenland erbracht wurden. Zudem käme ein Abzug für hoheitliche Maßnahmen nicht in Betracht, weil die Vorschrift in erster Linie geschaffen worden sei, um die Schwarzarbeit zu bekämpfen und einen Anreiz für mehr Beschäftigung im haushaltsnahen Bereich zu bieten. Das Ehepaar zog vor das Finanzgericht und bekam recht.

Entscheidung
Die Richter sahen die Steuerermäßigung nicht auf solche Erschließungsleistungen beschränkt, die genau innerhalb der räumlichen Grenzen des Grundstücks erbracht werden. Die Begünstigung erstrecke sich auch auf die Arbeiten auf öffentlichem Straßenland vor dem Grundstück. Die erforderliche räumliche Verbindung zum Haushalt sah das Gericht als gegeben an, weil es sich um eine einheitliche Anlage handele, die exklusiv dem Grundstück der Kläger diene und auch in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Grundstück stehe. Eine Einschränkung des Abzugs öffentlicher Aufwendungen sah das Gericht nicht; weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung ließen erkennen, dass nur Aufwendungen aus schwarzarbeitgefährdeten Branchen oder von für Schwarzarbeit anfälligen Gruppen von Unternehmern begünstigt sein sollen.

Konsequenz
Weil die Aufwendungen auch Materialkosten betrafen, hat das Finanzgericht einen Lohnaufwand von 60 % geschätzt. Dass das Finanzamt in die Revision gegangen ist, verwundert nicht. Auch andere öffentliche Gebühren (wie Müllabfuhr), die das Finanzamt nicht anerkennt, könnten zur Diskussion stehen.

8. Kann ein Einspruch elektronisch zurückgenommen werden?

Kernaussage
Ein Einspruch in steuerlichen Angelegenheiten kann elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur zurückgenommen werden, wenn vom Finanzamt ein elektronischer Zugang eröffnet wurde.

Inhalt des Erlasses
Das Einspruchsverfahren ist von kleinlichen Formvorschriften weitgehend frei. So kann ein Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden, wenn die Finanzverwaltung durch die Eröffnung eines diesbezüglichen Vorgangs zum Ausdruck bringt, dass sie zum Empfang elektronischer Dokumente bereit ist. Einer qualifizierten elektronischen Signatur bedarf es nicht. Notwendig ist jedoch, dass aus der Einspruchseinlegung hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Konsequent verzichtet das Finanzministerium Hamburg entsprechend der Einspruchseinlegung auch für die Einspruchsrücknahme auf die elektronische Signatur. Da in Hamburg ein elektronischer Zugang eröffnet ist, kann der Einspruch auch per E-Mail zurückgenommen werden.

Konsequenz
Zwischen dem Bund und den Ländern besteht Einvernehmen, dass die Einspruchsrücknahme wie die Einspruchseinlegung zu behandeln ist. Daher kann bei Bestehen eines elektronischen Zugangs der Einspruch einfach per E-Mail zurückgenommen werden.

9. Bundesrat stimmt der Minijob-Reform zu

Rechtslage
Gesetze kommen nur im Zusammenwirken von Bundestag und Bundesrat zustande. Aufgabe des so genannten Vermittlungsausschusses ist es dabei, bei Meinungsverschiedenheiten eine Einigung zu erzielen. Im Falle der Minijob-Reform hat der Bundesrat am 23.11.2012 dem vom Bundestag verabschiedeten "Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügig Beschäftigten" zugestimmt. Ob es sich bei diesem Gesetz um ein zustimmungspflichtiges Gesetz oder nur um ein Einspruchsgesetz handelt, wurde somit nicht weiter problematisiert. Auch musste der Vermittlungsausschuss nicht angerufen werden.

Kernpunkte der Minijob-Reform
Die wichtigsten Punkte der Reform sind die Anhebung der Minijob-Grenze auf 450 EUR sowie der Gleitzone mit einem Entgelt zwischen 450,01 und 850 EUR und die Einführung einer generellen Rentenversicherungspflicht mit Befreiungsfunktion. Das bedeutet, dass die Minijobber es dann ausdrücklich ablehnen müssen, wenn sie den Rentenversicherungsbeitrag der Arbeitgeber in Höhe von 15 % nicht auf den vollen Beitragssatz von dann 18,9 % aufstocken wollen.

Konsequenz
Bei einem Minijob zahlen die Arbeitnehmer keine Sozialabgaben. Stattdessen entrichten die Arbeitnehmer pauschal 30 % für Kranken- und Rentenversicherung sowie Steuern. Bei den sogenannten Midijobs steigen die Sozialabgaben schrittweise auf die volle Höhe an. Kritik an dieser Reform wurde insbesondere geübt, weil die Minijobs im Ruf stehen, zur Festigung des Niedriglohnsektors beizutragen.

10. Vorläufige Festsetzung der Erbschaftsteuer

Rechtslage
Die Erbschaftsteuer in Gestalt der zum 1.1.2009 in Kraft getretenen Erbschaftsteuerreform liegt seit einem Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27.9.2012 erneut dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vor. Da damit die Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsteuer nochmals auf dem Prüfstand steht, bestehen mit Rücksicht auf Erbschaftsteuerbescheide für Erbfälle, die sich nach "neuem" Erbschaftsteuerrecht richten, erhebliche Zweifel an deren Rechtmäßigkeit. Dies reicht aus, um die Bescheide mittels Einspruch anzugreifen und das Besteuerungsverfahren offen zu halten.

Entscheidung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung hat nunmehr auf diese "Standardeinsprüche" bei Erbschaftsteuerbescheiden reagiert. Sie hat entschieden, dass sämtliche Festsetzungen von nach dem 31.12.2008 entstandener Erbschaft- und Schenkungsteuer von Amts wegen hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes vorläufig durchzuführen sind.

Konsequenz
Die Entscheidung der Finanzverwaltung macht Einsprüche gegen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerbescheide für den Fall obsolet, dass ausschließlich die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes streitig ist. Insoweit ergehen die Bescheide von Gesetzes wegen vorläufig und werden in Abhängigkeit zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geändert. Dies macht eine Prüfung des Bescheides indes nicht entbehrlich. Insbesondere ist darauf zu achten, dass der Bescheid den Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO enthält. Auch gegen Bescheide, die an anderen Fehlern leiden, sollten Einsprüche weiterhin eingelegt werden. Von der Entscheidung unberührt bleiben wird die Praxis der Finanzverwaltung, eine festgesetzte Erbschaftsteuer beizutreiben und keine Vollziehungsaussetzung zu gewähren.

11. Höheres Entgelt für Pfändungsschutzkonten?

Kernaussage
Seit Juli 2010 hat ein Schuldner einen gesetzlichen Anspruch auf besonderen Pfändungsschutz für Lohn- und Gehaltskonten bei Kreditinstituten. Bei Lohnpfändungen sichert die Bank dabei das monatliche Existenzminimum des Schuldners und gibt nur die über die Pfändungsgrenze hinaus gehenden Beträge frei. Für diese sogenannten Pfändungsschutzkonten (P-Konten) dürfen zukünftig die Gebühren nicht höher sein als für ein vergleichbares Girokonto.

Sachverhalt
In den vorliegenden Verfahren machten Verbraucherschutzvereinigungen gegen 2 Sparkassen die Unwirksamkeit ihrer jeweiligen Preis- und Leistungsverzeichnisse geltend. Die Verzeichnisse beinhalteten Klauseln, wonach der Kunde höhere Kontoführungsgebühren für ein P-Konto als für ein bestehendes bzw. ein neu errichtetes Girokonto zahlen musste. Die eine Sparkasse verlangte für die P-Kontenführung 10 EUR. Dagegen kostete ein einfaches Girokonto nur 3 EUR. Im Fall der anderen Sparkasse war im ungünstigsten Fall eine Zusatzgebühr von 3,50 EUR zu zahlen. Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Klauseln als Preisnebenabreden der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen und nicht als kontrollfreie Preishauptabrede einzuordnen sind. Die mit der Funktion des P-Kontos verbundenen Tätigkeiten des Kreditinstituts sind Nebenleistungen zu der Hauptleistung, der Führung des Girokontos und der Ausführung der Zahlungsvorgänge. Durch die streitigen Klauseln wälzen die Beklagten lediglich Kosten für Tätigkeiten ab, zu deren Erbringung sie gesetzlich verpflichtet sind. Beim Fehlen einer wirksamen Preisnebenabrede tritt an deren Stelle die fortgeltende Preishauptabrede. Das bedeutet, dass der Preis Geltung erlangt, den das betreffende Kreditinstitut für ein herkömmliches Girokonto mit vergleichbarem Leistungsinhalt anbietet.

Konsequenz
Mit den vorliegenden Urteilen hat der BGH in Übereinstimmung mit der nahezu einhelligen Rechtsprechung und Literatur ein Grundsatzurteil ausgesprochen. Betroffene Kunden können unter Bezugnahme auf die Urteile zu viel gezahlte Gebühren zurückverlangen.

12. Bei Klagerücknahme droht kein Ordnungsgeld

Kernaussage
Unklarheiten im Sachverhalt können am schnellsten im unmittelbaren Gespräch mit der betroffenen Partei beseitigt werden. Das Finanzgericht (FG) kann daher das persönliche Erscheinen der Parteien zum mündlichen Termin anordnen. In der Anordnung kann für den Fall des Ausbleibens ein Ordnungsgeld angedroht werden. Erscheint die Partei schuldhaft trotzdem nicht, kann das FG durch Beschluss das angedrohte Ordnungsgeld festsetzen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Sachverhaltsaufklärung erschwert und der Prozess verzögert wurde. Daran fehlt es bei einer Klagerücknahme im Laufe der mündlichen Verhandlung.

Sachverhalt
In dem Hauptverfahren wandte sich die Klägerin gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlages wegen der verspäteten Abgabe der Umsatzsteuererklärung. Zum Termin der mündlichen Verhandlung wurde das persönliche Erscheinen der Klägerin angeordnet. Zugleich wurde für den Fall des Nichterscheinens ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 EUR angedroht. Das FG wollte mit der Klägerin die Gründe für die verspätete Abgabe erörtern. Im Termin erschien lediglich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der die Klage im Termin zurücknahm. Das Verfahren wurde eingestellt und durch Beschluss setzte das FG gegen die Klägerin wegen des unentschuldigten Ausbleibens das angedrohte Ordnungsgeld fest.

Entscheidung
Die Beschwerde hiergegen hatte vor dem Bundesfinanzhof (BFH) Erfolg. Nachdem die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten die Klage im mündlichen Termin zurückgenommen hatte, durfte das angedrohte Ordnungsgeld nicht mehr festgesetzt werden. Denn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei hat weder zu einer Verfahrensverzögerung geführt noch sich als unschädlich erwiesen. Zweck der Ordnungsgeldfestsetzung ist nicht die Ahndung einer vermeintlichen Missachtung des Gerichts, sondern die Förderung der Aufklärung des Sachverhalts. Wird im Laufe der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen und dadurch das Verfahren beendet, entfällt der Grund für die Anordnung des persönlichen Erscheinens und eine Verfahrensverzögerung ist ausgeschlossen.

Konsequenz
Ähnliche Vorschriften existieren auch in anderen Gerichtsordnungen (z. B. im Zivilprozess). Sofern also das persönliche Erscheinen angeordnet ist, sollte die betroffene Partei hinreichend entschuldigt sein, wenn sie dem Prozess fernbleibt. Zu prüfen bleibt, ob die Entsendung eines sachkundigen Vertreters ggf. ausreicht.

13. Keine Haftung von Eltern für illegale Musikdownloads ihrer Kinder

Kernaussage
Fast jeder Bundesbürger weiß: Das Herunterladen oder Anbieten von urheberrechtlich geschützten Musikstücken, Filmen, Büchern oder TV-Serien in Internettauschbörsen ist illegal und kann ein teures Vergnügen werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu aktuell entschieden, dass Eltern für das illegale Filesharing eines minderjährigen Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot zuwider handelt.

Sachverhalt
Die Kläger sind Tonträgerhersteller und Inhaber ausschließlicher urheberrechtlicher Nutzungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. In einer Internettauschbörse wurden unter einer bestimmten IP-Adresse 1147 ihrer Audiodateien zum kostenlosen Herunterladen angeboten. Die Kläger stellten Strafanzeige; nach Auskunft des Internetproviders war die IP-Adresse dem Internetanschluss des beklagten Ehepaares zugewiesen. Sie hatten den Anschluss auch ihrem damals 13jährigen Sohn zur Verfügung gestellt, auf dessen PC das fragliche Tauschbörsenprogramm "Morpheus" installiert war. Die Kläger ließen die Eltern durch einen Rechtsanwalt abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Die Eltern gaben die Unterlassungserklärung ab, weigerten sich jedoch, Schadensersatz in Höhe von 3.000 EUR zu zahlen und die Abmahnkosten in Höhe von rd. 2.300 EUR zu erstatten.

Entscheidung
Das Landgericht gab noch den Klägern Recht, der BGH stellte sich aber schließlich auf die Seite der Erziehungsberechtigten. Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern - so die Richter - erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben.

Konsequenz
Durch das Urteil hat der BGH das Ausufern einer Haftung von Eltern für ihre Kinder eingedämmt. Um dennoch Schadensersatzforderungen von vornherein zu vermeiden, ist es anzuraten, eine Firewall und/oder ein Sicherheitsprogramm zu installiert, das bezüglich des Downloads weiterer Programme auf "keine Zulassung" gestellt ist, so dass Kinder die Filesharingsoftware gar nicht erst nicht installieren können.

14. Brennpunkt - Elternunterhalt

Kernaussage
In Zeiten steigender Pflegekosten und finanzschwacher Kommunen versuchen letztere, Pflegekosten, die sie für sozialschwache ältere Menschen aufbringen müssen, im Wege des Elternunterhalts bei den (erwachsenen) Kindern beizutreiben. Dass das Gesetz diese Möglichkeit vorsieht, ist unbestritten. Die Kindergeneration wird dabei nur dadurch geschützt, dass im Rahmen der Ermittlung der Leistungsfähigkeit kleinere Zugeständnisse gemacht werden. Der Anspruch auf Elternunterhalt ist aber dann ausgeschlossen, wenn das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern zerrüttet ist, oder die Eltern bzw. Dritte die Pflegebedürftigkeit schuldhaft herbeigeführt haben. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat zu möglichen Ausschlussgründen nun in 2 Entscheidungen Stellung genommen.

Sachverhalt
Im ersten Fall trug der Kläger gegen den von Seiten der Kommune geltend gemachten Elternunterhaltsanspruch vor, der Vater, für den gezahlt werden sollte, habe nach der vor 27 Jahren erfolgten Scheidung der Eltern den Kontakt zu ihm abgebrochen, selbst auf Familienzusammenkünften nicht mit ihm geredet und ihn faktisch enterbt. Im zweiten Fall war die Mutter des Klägers psychisch erkrankt und aus dem Berufsleben ausgeschieden. Das Sozialamt gewährte fortan Sozialhilfe in Form von Darlehen. Parallel versäumten es Betreuer und Sozialamt, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedschaft der Mutter in Pflege- und Krankenversicherung aufrecht erhalten blieb. Im Übrigen bestritt die Mutter ihren Lebensunterhalt aus Ehegattenunterhaltszahlung des geschiedenen Vaters, verbrauchte dabei aber auch den Teil des Ehegattenunterhalts der für die Fortführung einer Rentenversicherung gedacht war. Als diese zur Auszahlung gelangen sollte, leitete das Sozialamt den kapitalisierten Auszahlungsbetrag zum Ausgleich der Sozialhilfedarlehen auf sich über.

Entscheidung
In beiden Fällen lehnte das Gericht den Elternunterhaltsanspruch gegenüber dem Kind ab. Im ersten Fall seien die Voraussetzungen einer schweren Verfehlung des Elternteils gegeben, die zum vollständigen Ausschluss des Elternunterhaltes führten. Zwar reiche der Kontaktabbruch in der Regel nicht dafür aus, den Unterhaltsanspruch untergehen zu lassen. Im konkreten Fall habe der Vater aber in besonders kränkender Art und Weise gehandelt. Im zweiten Fall war das Gericht der Auffassung, dass die Maßnahmen Dritter, nämlich des Sozialamts, bei Vereinnahmung der Lebensversicherung bzw. des Betreuers und des Sozialamts beim Versäumen der Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung nicht zu Lasten des unterhaltspflichtigen Kindes gewertet werden dürften. Denn hätten der Mutter Lebensversicherung und Pflegegeld zur Verfügung gestanden, hätten die Pflegekosten, für die das Kind nunmehr in Anspruch genommen werde, beglichen werden können.

Konsequenz
Die Entscheidungen zeigen, dass unabhängig von der grundsätzlich bestehenden Unterhaltspflicht Gründe bestehen können, die eine Unterhaltspflicht ausschließen. Der sicherste Ausschlussgrund ist dabei derjenige, in dem der Sozialleistungsträger selber dafür gesorgt hat, dass die Pflegekosten nicht gedeckt sind (Fall 2). Der Ausschlussgrund der schweren Verfehlung des Elternteils (Fall 1) ist der umstrittenere; das Oberlandesgericht hat hier die Beschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Fraglich ist, welcher Schweregrad bei der Verfehlung erreicht werden muss. Es gibt Entscheidungen, in denen die Unterhaltspflicht in Abhängigkeit hierzu prozentual verringert wird.

15. Arbeitgeber darf am 1. Krankheitstag ohne Grund ein Attest fordern

Kernfrage
Erkrankt ein Arbeitnehmer, ist er nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz verpflichtet, dem Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, wenn die Krankheit länger als 3 Tage andauert. Diese gesetzliche Vorschrift führte faktisch dazu, dass bei Kurzerkrankungen keine Atteste vorgelegt wurden. Allerdings lässt es der Gesetzeswortlaut zu, dass der Arbeitgeber auch schon früher eine ärztliche Bescheinigung verlangen kann. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr abschließend darüber zu befinden, ob es Arbeitgebern gestattet ist, ab dem ersten Tag der Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung zu verlangen.

Sachverhalt
Geklagt hatte ein Redakteur des WDR, der von seinem Arbeitgeber die Weisung erhalten hatte, zukünftig ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bereits am und für den ersten Tag einer Erkrankung vorzulegen. Hintergrund war, dass der Arbeitnehmer an dem Tag, an dem er eine Dienstreise unternehmen wollte, die ihm nicht genehmigt worden war, krank wurde.

Entscheidung
Das Gericht nahm - entgegen der Auffassung des Klägers - an, dass die gesetzliche Ermächtigung, auch vor dem dritten Krankheitstag ein ärztliches Attest einfordern zu können, dem Arbeitgeber ein freies Ermessen einräume. Der Arbeitgeber könne damit von einzelnen Arbeitnehmern die "vorzeitige" Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verlangen und im Wege des Weisungsrechts geltend machen. Weitere Voraussetzungen müssten hierfür nicht vorliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Verdachtsmomente gegen den aufgeforderten Arbeitnehmer.

Konsequenz
Mit seiner Entscheidung stärkt das BAG das Weisungsrecht des Arbeitgebers, der hiervon Gebrauch machen kann. Nach Ansicht der Richter kann das Weisungsrecht gegenüber einzelnen Arbeitnehmern auch unterschiedlich gehandhabt werden, es empfiehlt sich aber dennoch eine einheitliche Vorgehensweise.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen




Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de